In vielen Forschungsarbeiten und -projekten der letzten zwei Jahrzehnte spielt das Konzept des sozialen Feldes eine zentrale Rolle. Die Arbeiten lassen sich im Wesentlichen zwei Lagern zuordnen: einerseits dem Neoinstitutionalismus, wobei es sich hauptsächlich um organisations- und wirtschaftssoziologische Arbeiten handelt, andererseits dem strukturellen Konstruktivismus, der in der Tradition von Pierre Bourdieu steht und häufig kultursoziologisch angelegt ist. Bei aller Heterogenität der Untersuchungsgegenstände, Begriffsdefinitionen und theoretischen Verweise haben die feldanalytischen Forschungen gemeinsame Charakteristika. Wir interpretieren diese ‚Einheit in der Vielfalt‘ der Forschungsansätze als Ausdruck der Tatsache, dass es sich bei der Feldforschung in erster Linie nicht um eine Theorie, sondern um ein heuristisch angelegtes Forschungsprogramm handelt. Bestimmend sind daher eher grundlegende Forschungsinteressen und Forschungsroutinen und nicht so sehr der Rückgriff auf ein klar definiertes Begriffssystem.
Die Familienähnlichkeit der Forschungsinteressen, wissenschaftlichen Intuitionen und Einstellungen sind bisher noch nicht hinreichend als Grundlage einer eigenständigen Forschungstradition sichtbar geworden. Hier setzt unser Sammelband an. Unter Umgehung rein theoretischer Debatten wollen wir die Eckpunkte des feldanalytischen Forschungsprogramms sichtbar machen. Zwei Ziele stehen im Vordergrund: Erstens sollen die geteilten Grundüberzeugungen, die alle feldanalytischen Forschungen im deutschsprachigen Raum anleiten, herausgearbeitet werden und zweitens wollen wir einen Einblick in die aktuelle Forschungsarbeit an Lehrstühlen und Instituten sowie in Graduiertenkollegs und Forschungsprojekten geben. In diesem Sinne ist unser Herausgeberband als Instrument der wechselseitigen Wahrnehmung in einem bisher weitgehend unstrukturierten Forschungsfeld gedacht und auch als Einladung und Anleitung für Interessenten aus anderen Forschungszusammenhängen.
Wir laden Soziologen, Politik-, Kultur-, Geschichts- und Wirtschaftwissenschaftler ein, sich an diesem Publikationsprojekt zu beteiligen. Die Beiträge sollten nicht nur Ergebnisse präsentieren, sondern vor allem auch in methodischer und methodologischer Hinsicht zeigen, wie erhoben, interpretiert, ausgewählt und verglichen wurde.
Mögliche Themen für Beiträge sind:
- Darstellungen von feldanalytischen Vorgehensweisen und ausgewählten empirischen Ergebnissen eines Forschungsprojekts;
- Auseinandersetzungen mit den Besonderheiten der feldanalytischen Methodologie im Gegensatz zu anderen Methodologien;
- Auseinandersetzungen mit den methodologischen und methodischen Konsequenzen der Verwendung des Praxiskonzepts im Rahmen der Feldanalyse;
- heuristische (in Abgrenzung von theoretischen) Annäherungen an das Feldkonzept, z.B.: Welche Fragen lassen sich mit dem Konzept stellen? Welche Forschungsinteressen kann man damit verfolgen?;
- Konzeptionalisierung von Akteuren und Institutionen in der Feldanalyse;
- Beispiele für die Verwendung von qualitativen und quantitativen Methoden in der Feldanalyse;
- Diskussion von Kriterien der wissenschaftlichen Güte in der Feldforschung.
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Aussagekräftige Abstracts mit Beitragsskizzen (max. 500 Wörter) können bis spätestens 31. Oktober 2010 per Email an beide Herausgeber geschickt werden. Eine Rückmeldung erfolgt binnen zwei Wochen. Die Buchkonferenz wird am 25. und 26. März 2011 in Potsdam stattfinden. Damit die Beiträge im Vorfeld von allen Teilnehmern gelesen werden können, müssen sie bis zum 20. März 2011 fertig gestellt und zirkuliert werden. Der Herausgeberband wird im Sommer 2011 bei VS erscheinen.
Die Herausgeber
Dr. Stefan Bernhard
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Nürnberg
stefan.bernhard@iab.de
Christian Schmidt-Wellenburg
LS Allgemeine Soziologie
Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Universität Potsdam
cschmidtw@uni-potsdam.de